Perspektiven ändern – Stressverhalten reduzierenLesezeit ~ 8 Min.

Von Torsten Seidel, 6. Oktober 2023, aktualisiert am 2. November 2024.

Ich möchte diesen Beitrag mit einer Frage beginnen: Was waren deine letzten Herausforderungen in der Vergangenheit, die du positiv erreicht hast? Wie hast du diese Ziele erreicht? Und nun mache dir bewusst, dass diese Ressourcen sehr wahrscheinlich noch immer zur Verfügung stehen. Bei aktuellen Herausforderungen sind sie dir idealerweise wieder von Nutzen, um diese zu bewältigen.

Ressourcen und Hilfe kommen oft von außen. Aber jeder tut auch selbst seinen Teil dazu. Dies sind die inneren Ressourcen, die uns unser Schöpfer von Geburt an gegeben hat, oder die wir mit der Zeit erlernt haben.

Um noch einmal auf die eben gesuchten Herausforderungen einzugehen, was war deine Stärke bei diesen Dingen? Im Folgenden ein paar Beispiele:

  • Warst du vielleicht mit Ausdauer und Beharrlichkeit an einer Sache, und hast sie erfolgreich zu Ende geführt?
  • Hast du Prioritäten gesetzt und diese auch eingehalten und bist so zu einem ausgezeichneten Ergebnis gekommen?
  • Hast du bei einer Sache Mut und Vertrauen bewiesen und hast eine solche Herausforderung gemeistert? Oder hast du mutig deine Meinung vertreten?
  • Hast du eine brenzlige Situation gemeistert oder aufgelöst?
  • Warst du gelassen, wo andere hektisch waren?
  • Oder hast du Unterstützung erhalten, um ein Projekt abschießen zu können?
  • Vielleicht warst du auch »einfach nur« geduldig und hast auf Gott vertraut? Auch dies ist eine Ressource, die eigentlich nicht Erwähnung findet.

Innere Ressourcen müssen fortlaufend gestärkt werden. Ausdauer und Beharrlichkeit bildet sich nicht einfach so. Diese Eigenschaften müssen zudem trainiert und bewusst verinnerlicht werden. Wenn »Geduld« nicht deine Stärke ist, trainiere sie! Bist du Christ, kannst du hier auch ins Gebet gehen und darum bitten.

Belohne dich am Schluss dafür, dass du dran geblieben bist und halte es schriftlich fest. Wir können Ereignisse viel besser verinnerlichen, wenn wir sie aufschreiben, als nur zu merken. Zu früheren Zeiten waren Tagebücher sehr beliebt. Heute sind sie aus der Mode gekommen. Aber das Aufschreiben hat auch den Effekt, dass Dankbarkeit entsteht und wir jederzeit auf Erlebnisse zurückblicken können.

Das Bestcase- und Worstcase-Szenario

Jeder hat vor ungewissen Situationen Angst oder zumindest Bedenken. Wir malen uns deshalb oft die schlimmsten Dinge und Reaktionen aus. Gerade, wenn es dazu auch schon negative Erlebnisse gab. Glücklicherweise kommt es oft nicht so weit, wie gedacht.

Deshalb möchte ich dir empfehlen, vor ungewissen Situationen nicht die Augen zu verschlissen und genau hinzuschauen. Denken wir einmal nach, was im schlimmsten Fall passieren wird. Übertreibe ruhig, um im vollen Worstcase-Szinario zu kommen. Oft sind wir damit schon am Ende. Doch auch die andere Seite muss betrachtet werden, also das Bestcase-Szenario. Was könnte im besten Fall geschehen?

Oft wird das realistische Ergebnis in der Mitte liegen. Um sicherzugehen, können wir uns auch einen Plan B überlegen, wenn möglich. Oft ist dies aber gar nicht nötig.

Wichtig ist, dass wir genau hinschauen. Dies baut die Angst ab und damit den Stress. Und auch hier hilft es wieder, ins Gebet zu gehen. Unser Schöpfer steht über all den Dingen, die uns Angst und Sorge bereiten.

Ein übertriebenes Beispiel

E-Auto-Worstcase

Die Elektro-Fahrer mögen mir verzeihen: Du hast ein E-Auto für die Stadt und bist damit zufrieden. Doch jetzt zieht es dich in den 600 km entfernten Urlaub. Du hast Angst, dass du an einem unbekannten Ort auf der Autobahn oder Landstraße liegen bleibst. Du malst dir im Worstcase-Szinario aus, dass du es nicht bis zur nächsten Lade-Säule schaffen wirst und vom Pannendienst abgeschleppt werden musst. Im noch schlimmeren Fall bleibst du sogar an einem Ort stecken, an dem es kein Handynetz gibt. Und wenn du es doch schaffst, sind alle Säulen besetzt. Was nun, ein paar Stunden warten?

Bestcase-Szenario: Du steigst ins Auto, gibst das Ziel ein und dein Auto errechnet die beste Strecke und bezieht passende Ladestationen mit ein. Als Plan B könntest du noch einmal die Tour überprüfen, ob es noch weitere Säulen gibt, die im Bord-Navi fehlen. Oder du könntest einen sogenannten Juice Booster einpacken, mit dem du weltweit überall an beliebigen Steckdosen laden könntest, sofern dir jemand seine Steckdose zur Verfügung stellt.

Was könnte realistisch passieren? Das Bestcase-Szenario bewahrheitet sich, ohne Plan B. Zudem wird sehr wahrscheinlich immer mindestens eine Säule frei sein. Wenn nicht, wird es wirklich niemanden geben, der dir helfen kann? Autobahnen sind zumindest weitgehend so gut versorgt, dass das normale Handynetz abgedeckt ist. Und muss wirklich der Abschleppdienst kommen, muss er nicht zwingend abschleppen. Vielleicht reicht das Nachladen bis zur 20 Minuten entfernten Ladestation.

Ein weiteres, kurzes Beispiel: Du hast eine Anfrage zu einem größeren Auftrag, kannst diesen aber jetzt nicht ausführen. Du hast Angst vor der Reaktion des Auftragsgebers. In schlimmsten Fall wirst du den Auftrag verlieren. Aber kann es noch schlimmer kommen? Wird es dann keinen neuen geben? Müssest du deshalb deine Existenz aufgeben und ist dein Leben aufgrund dessen bedroht? Im idealen Fall wartet der Kunde, bis es freie Kapazitäten gibt, weil dein Ruf gut ist. Wenn nicht, wird es sicher anderweitig neue Aufträge geben.

Wie wir sehen, immer genau hinschauen. Dadurch baut die Angst ab und das Stresslevel sinkt.

Stressauslöser erkennen und angemessen reagieren

Perspektiven ändern

Stressauslöser sind in drei Bereiche untergliedert. Diese sehen wie folgt aus:

1. Andere Menschen

  • Es gibt Menschen (Kollegen, Vorgesetzte, Mitmenschen), da wird es einem schon mulmig, wenn sie um die Ecke kommen. Es fehlt die Sympathie und die Nackenhaare sträuben sich nach oben. Das kann die Art des Menschen sein, aber auch eine Stimme oder bestimmte Eigenarten. (Wichtig dabei: i.d.R. hängt das nicht mit den Menschen persönlich zusammen.)

2. Die Situation

  • Die Arbeit nimmt kein Ende und die nächsten Aufgaben warten schon.

3. Der eigene Anspruch

  • Jeder hat eigene Ansprüche, die unterschiedlich ausgeprägt sind. Einige können uns dabei im Wege stehen. So unter anderem Perfektionismus, Schnelligkeit bei der Arbeit, übertriebene Effizienz (mündet im Perfektionismus und Übertreiben bestimmter [eigentlich guter] Dinge).

Ein praktisches Extrem-Beispiel: Auf der Arbeit gibt es viel zu tun und der Druck steigt stetig. Verschärft wird dies noch, wenn zu Hause kleinere Kinder sind, die noch Hilfe bei den Schulaufgaben benötigen. Oder wenn es pflegebedürftige Familienangehörige gibt. Kaum ist auch diese Arbeit getan, klingelt das Telefon: Ein Freund benötigt bei einer für ihn wichtigen Sache deine Hilfe und das so schnell wie möglich! Was wird passieren? Vermutlich bekommt er deinen Ärger ab, da diese eine Sache das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Er kann natürlich nichts dafür und du hättest in einem anderen Moment auch nicht so reagiert.

Nach außen hin grob betrachtet war der Freund der Auslöser. Aber der Auslöser war nicht der Freund, der sich zur gleichen Zeit fragt, »was ist denn mit dem los!«. Nein, der Auslöser ist die Überlastung auf der Arbeit und in der eigenen Familie zu suchen (letzteres besonders auch bei Frauen).

Folglich muss auch das Entgegenwirken bei der Arbeitsstelle geschehen:

  • Hast du die Arbeit vielleicht falsch priorisiert?
  • Oder priorisierst du deine Aufgaben erst gar nicht und arbeitest nach Reihenfolge oder nach dem »lautesten Drängler« ab?
  • Hast du einen unrealistischen Zeitplan oder existiert ein solcher gar nicht?
  • Sind es deine Kollegen, die genau wissen, dass du nicht »Nein« sagen kannst? So wächst der Aktenberg auf dem Schreibtisch immer mehr,
  • oder die Kunden deiner Dienstleistung sind kaum noch Projekten zuzuordnen.

Im privaten Umfeld sieht es ganz ähnlich aus:

  • Ein »Nein« gegenüber Freunden oder Familie kommt praktisch nie vor?
  • Oder ist es einfach die Menge an extra Aufgaben, die nicht mehr zu bewältigen ist?

Oder bist DU das Problem?

  • Du hast dich zu oft ablenken lassen?
  • Es soll perfekt sein. (Stichwort „Glaubenssätze“)
  • Du meinst, du musst 120 % geben, sonst ist es nicht gut?
  • Hohe eigene Ansprüche stehen uns oft im Weg. Natürlich soll die Arbeit gut gelöst werden, aber muss es perfekt sein (und dafür eine Stunde länger dauern)?

Jede Situation muss neu bewertet werden. Es gibt kaum pauschale Aussagen. Andernfalls wären wir Roboter. Aber es muss immer abgewägt werden, ob es realistisch ist, diese eine Sache noch anzunehmen. Oft ist es einfach nicht machbar, wir sagen aber trotzdem nicht »Nein«. Dies gilt auch dann, wenn vermeidlich alle Dinge gleich wichtig sind. Auch da müssen wir schauen, ob es wirklich machbar und zeitlich realistisch ist. Der Spruch, »Wenn der Tag nicht reicht, nimm die Nacht dazu« oder »der Tag hat 24 Stunden – und wenn das nicht reicht, nehmen wir die Nacht noch mit dazu!«, ist hier nicht wirklich angebracht.

Aber vor dem Vorgesetzten »mir ist es zu viel Arbeit«, ist leider oft ein schwaches Argument. Denn das betrifft ehrlich betrachtet fast jeden. Deshalb ein wunderbares Modell, dass uns hilft, Situationen aufzulösen: Hier weiterlesen!

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HINWEIS & Autor
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Torsten Seidel Hier schreibt: Torsten Seidel
Gesundheits-Blogger mit Ausbildung zum ganzheitlichen Gesundheitsberater (fachliche Bez.: »Fachkompetenz für holistische Gesundheit«) mit Weiterbildung in Stressmanagement (IHK). Mehr Informationen in »Über mich«. Gern beantworte ich auch Leserfragen. | Beiträge abonnieren mit RSS-Feed.

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