Gehören Milchprodukte in die Ernährungspyramide?Lesezeit ~ 8 Min.

Von Torsten Seidel, 10. August 2019, aktualisiert am 25. Januar 2024.

Als ich kürzlich auf einem Artikel aufmerksam wurde, dass Kanada Milch aus der Ernährungspyramide verbannen will, war ich ganz schön erstaunt, ich habe darüber berichtet. In Deutschland würde ein Aufschrei losgehen, da es hier selbst von Ernährungsberatern der DGE empfohlen wird. Doch bevor sich diese Frage überhaupt stellt, sollten einige Grundfragen näher beleuchtet werden.

Milchprodukte: gesund oder ungesund?

Ich möchte die Frage mit einem Gedanken beginnen. Kommt ein Kalb zur Welt, benötigt es Muttermilch um möglichst schnell zu wachsen. Ein Kalb, wie es auch bei vielen anderen Tierarten zu beobachten ist, steht beinahe gleich auf seinen Beinen – wenn auch zu Beginn sehr wackelig. Doch es muss schnell wachsen. Babys anderer Tierarten müssen ebenfalls schnell groß werden. Katzenbabys sind noch blind, bewegen sich aber schon auf den eigenen Beinen und die Katzenmama hat einiges zu tun.

Wie schaut es beim Menschen aus? Auch Menschenbabys, das weiß jeder, bekommen Muttermilch. Doch krabbeln Babys ab dem ersten Tag auf dem Fußboden? Nein. Vor dem 10. Monat laufen Babys für gewöhnlich gar nicht. Es muss also einen Unterschied zwischen der Milch und der »Art« geben.

Milch gesund oder ungesund
Gehören Milchprodukte in die gesunde Ernährung?

Sobald das Kalb groß genug ist, trink es keine Milch mehr. Ganz genau so verhält es sich bei allen anderen Tierarten. Und wie ist es beim Menschen? Nach dem Abstillen tranken Babys vor Jahrhunderten – Jahrtausenden (hier spielen viele Faktoren eine Rolle) auch keine Milch mehr. Milch ist eine Nahrung, um Babys mit allen Nährstoffen zu versorgen, damit sie schnell – nach ihrer Art – groß werden können. Denn im Vergleich zu menschlicher Muttermilch enthält Kuhmilch mehr Proteine (Eiweiß) und weniger Kohlenhydrate. Außerdem artspezifische Nährstoffe, die für ihr Abwehrsystem und Wachstum nötig sind. Mit der (Kuh-Mutter-) Milch werden also vorwiegend artspezifische Inhaltsstoffe dem Kalb verabreicht, die für Menschen weniger sinnvoll sind. Mehr hierzu nun weiter unten im Text.

Milch: Inhaltsstoffe und was Knochen u. a. benötigen

Fragt man Menschen weltweit auf der Straße (abgesehen von Afrika und Asien (1)), warum Milch wichtig sei, wird man nahezu die gleiche Antwort bekommen: »als Kalzium-Quelle« oder »für starke Knochen«, was das Gleiche meint. Die »Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.«, kurz DGE empfiehlt 250-310 g/Tag¹, um alle wichtigen Nähr- und Mikronährstoffe zu erhalten, worunter Kalzium zählt. Doch benötigen gesunde Knochen weitaus mehr, als nur Kalzium. Gesunde Knochen benötigen neben Kalzium (Calcium) auch Vitamin D, Vitamin K sowie Magnesium, Kalium, Zink, Bor, Silizium, Kupfer, Mangan und Phosphor, welche nicht alle in der Milch zu finden sind.

Allerdings finden sich alle dieser Nähr- und Vitalstoffe in viele Gemüsesorten. Vitamin D hingegen wird von der Sonne auf der Haut gebildet, solange kein Sonnenschutz aufgetragen wird. Dies ist wichtig, um das Kalzium aus dem Darm zu resorbieren. Vitamin K hingegen ist für den Einbau in den Knochen nötig. Es bildet das nötige Protein Osteocalcin, welches das Kalzium an sich bindet und für den Knocheneinbau zuständig ist. Ferner lässt sich in Ländern beobachten, dass ein übermäßiger Milchkonsum zu mehr Hüftfrakturen (Osteoporose) beiträgt wie auch anderen Krankheiten. Und auch die DGE räumt ein, dass bei höherem Konsum von Molkereiprodukten Gesundheitsrisiken bestehen.

Milch steht auch in Verbindung mit Brustkrebs², Eierstockkrebs und Prostatakrebs. Dies geschieht durch Hormonbelastungen in Nahrungsmitteln. Man spricht hier von hormonbedingten Krebsarten. Eine Erklärung hierfür ist, dass Milch in den Industrieländern meist von trächtigen Kühen stammt. Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, umso mehr Hormone lassen sich in der Milch nachweisen. Dies kann gegenüber Nicht-trächtigen Kühen ein Östrogen-Unterschied von 33 % ausmachen. Eine Hormonbelastung kann man weder schmecken noch riechen.

Den Zusammenhang vermuten Wissenschaftlich der Harvard University³ bereits Dezember 2006. So lassen sich Zusammenhänge in Länder mit hohen Milch- und Käse-Konsum in Verbindung mit hormonbedingten Krebsarten feststellen. In Ländern, wo hingegen wenig bis gar keine Milchprodukte verzehrt werden, beobachtet man besagte Krebsarten deutlich weniger. Den Zusammenhang haben Onkologen auch in Deutschland festgestellt².

Und noch ein weiterer Faktor sollte hier bedacht werden. Kuhmilch hat unter anderem die Eigenschaft, dass ein Kalb schnell groß wird. Es handelt sich um sogenannte Wachstumsfaktoren (IGF-1), die für den Menschen nicht nötig sind, weil Zellen nicht mehr zum Wachsen stimuliert werden müssen. Leider können Sie auch entartete Zellen zum Wachsen stimulieren. Menschen, die an Krebs erkrankt sind, sollten also auf Milchprodukte besser verzichten.

Update (1) – Inzwischen ist Milch auch in Asien auf dem Vormarsch. Dies bestätigte mir auch eine Asiatin, mit der ich zeitweise im Kontakt stand. Die Milchindustrie hat einen extrem großen Markt entdeckt, wie kürzlich (06.01.2020) ein Bricht auf »Tagesschau24« zeigte. Hier geht man tatsächlich den Weg über die eben gezeigten Wachstumsfaktoren. Asiaten glauben, dadurch würden sie künftig größer werden. Da Asiaten i.d.R. eine geringere Körpergröße haben, sollen die Wachstumsfaktoren helfen, zu wachsen. Dass daran nichts dran sein kann, zeigt die simple Tatsache, dass in Europa und den USA in puncto Körpergröße kein Unterschied zwischen Veganern sowie normal essenden Menschen besteht.

Risikofaktor Milch?

Viele Babys erhalten nach der Muttermilch Kuhmilch. Damit steigt jedoch das Risiko, an Diabetes Typ 1 zu erkranken. Warum? Die Darmschleimhaut ist bei Babys noch nicht vollständig ausgereift. Nun kann es passieren, dass Milch-Proteine durch die Darmschleimhaut in die Blutbahn gelangen. Das Immunsystem sieht darin eine Bedrohung und sendet Antikörper aus. Leider ist jedoch die Zusammensetzung der Proteine ähnlich dem, der Langhans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse, die für die Insulin-Produktion verantwortlich sind. Diese werden jetzt ebenfalls angegriffen und die Bauchspeicheldrüse kann keine oder nur sehr wenig Insulin produzieren. Ähnliches kann es auch bei Erwachsenen Menschen passieren, jedoch durch andere Ursachen. Hier spielt dann die Ernährung eine wesentliche Rolle.

Ab dem 3. Lebensjahr, wenn die maximale Stillzeit erreicht ist, stellt der Körper die Produktion des Enzyms Lactase ein, welches für den Milchzucker Laktose zur Verdauung verantwortlich ist. Das heißt, vor allem in Asien und Afrika vertragen die Menschen jenseits des 3. Lebensjahres keine Milch mehr, da diese nicht mehr verstoffwechselt werden kann. In den westlichen Staaten hingegen wird auch nach dem Stillen Milch getrunken und Käse gegessen, weshalb die Intoleranz hier geringer ist. Wer Laktoseintolerant ist, kennt sicher folgende Reaktionen nach Milchgenuss: Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall.

Wer jedoch meint tolerant auf Milch zu sein, aber Symptome wie Akne, ständige Erkältungen bis hin zu Autoimmunerkrankungen und Allergien an sich oder Mitmenschen beobachtet, könnte ebenfalls ein Problem mit der Milch haben. Milch verschleimt die Atemwege und belastet das Verdauungssystem. Dies ist weitgehend bekannt (zumindest der Atemwege), weshalb der Milchkonsum bei Erkältung auch von Medizinern abgelehnt wird. Jedoch ist das keine Intoleranz auf Laktose, sondern eine Milch-Allergie auf das Protein der Milch, nämlich Kasein.

H-Milch, homogenisierte Milch und Heumilch

Es gibt heute eine Vielzahl an Milch-Sorten. 1,5 %, 3,5 %, Frischmilch, usw. Dem Verbraucher wird vor allem mit „Frischmilch“ eine frische Milch vorgegaukelt. Wieso das? Noch vor der Industrialisierung verstand man unter frischer Milch eine Haltbarkeit von max. 36 Stunden. Also 1,5 Tage, bis sie gerann und nicht mehr frisch war. Durch Homogenisierung gelingt eine Haltbarkeit von bis zu 7 Tage im Kühlschrank. Dabei werden die Fette förmlich zerstäubt, was ein Aufrahmen der Milch verhindert. So sieht die Milch auch nach Tage frisch aus und es entstehen keine Fettklumpen auf der Milch. Mindestens 6 Wochen ist die Milch haltbar, wenn sie bei 150 Grad kurz erhitzt wird. Dieser Vorgang ist als ultrahocherhitzt bekannt, oder schlicht als H-Milch.

Rohmilch, oder auch als Heumilch bekannt, war der Ursprung. Als Rohmilch direkt von der Kuh abgefüllt, soll diese weitaus gesünder sein. Und einen Vorteil hat sie wirklich. Sie enthält für den menschlichen Darm nötige Milchsäurebakterien. Aber sie kann auch Keime enthalten. Tuberkulose, Cholera, Typhus, (…) sind mögliche Folgen daraus. Deswegen hat man vor ca. 100 Jahren die Pasteurisierung der Milch eingeführt, bei der die Milch für 30 Sekunden auf 72 Grad erhitzt wird und so alle Keime und Bakterien absterben. Seit diesem Zeitpunkt galt Milch als »gesund«, da unbedenklich.

Was nun? Milchprodukte empfohlen, oder nicht?

Ich kann nur empfehlen den Milchkonsum so weit wie möglich zu reduzieren oder auf Alternativen umzusteigen. In der heutigen Zeit könnte man einen Supermarkt fast schließen, würde man die Produkte, die in irgendeiner Form Milch enthalten, aus den Regalen verbannen. Doch es gibt in unseren Breiten eigentlich keinen Grund, auf Molkerei-Produkte zurückzugreifen, außer dass es vielleicht schmeckt.

Wir haben so viele Produkte, die wirklich sättigen. Und dies viel gesünder als es die Milch nach der Muttermilch kann. Wer an sich keine Intoleranzen oder allergische Reaktionen wie oben im Text erwähnt beobachtet, kann auch weiterhin Milch und Käse verzehren. Jedoch empfehle ich dann nur kleine Mengen, da man natürlich nie weiß, ob daraus doch eine Krankheit entstehen kann. Schlussendlich kommt es auf das große Ganze an, wenn man ganzheitlich darüber nachdenkt.

Du bist gefragt!

Hast Du Anregungen, Ergänzungen oder Fragen? Dann freue ich mich über einen Kommentar.


Quellen / Fußnoten öffnen… ¹ https://web.archive.org/web/20211117175550/https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/pm/2015/js2015/Abstract-DGE-JS2015-Milch-und-Milchprodukte-Watzl.pdf
² https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/videos/brustkrebs-genforschung-video-100.html (ab 0:30)
³ https://news.harvard.edu/gazette/story/2006/12/hormones-in-milk-can-be-dangerous
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Torsten Seidel Hier schreibt: Torsten Seidel
Gesundheits-Blogger mit Ausbildung zum ganzheitlichen Gesundheitsberater (fachliche Bez.: »Fachkompetenz für holistische Gesundheit«) mit Weiterbildung in Stressmanagement (IHK). Mehr Informationen in »Über mich«. Gern beantworte ich auch Leserfragen. | Beiträge abonnieren mit RSS-Feed.

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